Was wäre ein Dorf ohne Musikgesellschaft?

Zuger Presse am 24. Mai 2006
 
Was wäre ein Dorf ohne Musikgesellschaft?

Zum hohen Geburtstag der Walchwiler Musikgesellschaft brachten auch renommierte Gastformationen ein Ständchen

Die Musikgesellschaft Walchwil nahm ihren 111. Geburtstag zum Anlass, um ihn zusammen mit der Bevölkerung im Gemeindesaal musikalisch und kulinarisch zu feiern.

Das Jubelfest zum 111-jährigen Bestehen der Musikgesellschaft Walchwil vom Wochenende eröffnete eine elfköpfige Formation, die sich eigens für diesen Anlass gebildet hatte. Gewandet im schwarzen Anzug von einst – bei einigen Bläsern handelte es sich um den eigenen Hochzeitsanzug – und mit währschaftem Schuhwerk ausgestattet, gab die Nostalgie-Kapelle Melodien aus der Gründungszeit zum Besten. Alle trugen die gleiche Kopfbedeckung zur Erinnerung an die erste «Uniform», die sich die noch junge Musikgesellschaft im Jahre 1904 geleistet hatte: einen schwarzen Hut, geschmückt mit einer Feder.

Anschliessend setzten die sieben Mitglieder der Riviera-Band die Unterhaltung mit eingängigen Melodien fort. Der Name «Riviera» entstand in einer geselligen Runde und nimmt Bezug auf das Attribut, das man Walchwil dank seiner bevorzugten Lage am Zugersee andichtet. Wegen des jugendlichen Durchschnittsalters von 25 Jahren wurde das Ensemble intern etwas spöttisch als «New-Age-Band» betitelt. Im gleichen Alter ist Roland Hürlimann, Dirigent der Musikgesellschaft. Damit auch die Aktiven den Abend geniessen konnten, übernahmen anschliessend die Dorfspatzen Oberägeri, das Echo vom Wildspitz und die Beach Band Oberägeri die musikalische Unterhaltung.

Traditionen pflegen
Bei ihrer Gründung im Jahre 1895 war die Musikgesellschaft fast gar ein Familienbetrieb, denn sie bestand aus den vier Brüdern Anton, Josef, Hans und Fritz Hürlimann vom «Sternen» und deren Cousin Thomas Hürlimann von der «Schmitte». Diese Tradition wurde bis in unsere Zeit beibehalten, gab es doch Familien, die bis zu acht Mitglieder in den Reihen der Dorfmusik hatten. Andere Mitglieder wurden weit über die Gemeinde hinaus bekannt, wie etwa alt Bundesrat Hans Hürlimann. Geblieben bis heute sind auch die Auftritte in der Öffentlichkeit. Was wäre ein Dorf ohne Musik an einem festlichen Anlass? Das sagten sich auch die Gründer, und die Formation trat zwei Jahre nach der Gründung erstmals öffentlich auf. Eine weitere Tradition ist das «Balchen-Möhli». Dabei handelt es sich um ein Felchenessen, das die Mitglieder des Korps am Neujahrsabend im Restaurant Engel zusammenführt. Diese gesellschaftliche Gepflogenheit entwickelte sich aus dem Zapfenstreich, mit dem die Musikgesellschaft jeweils am Silvester das neue Jahr auf verschiedenen Plätzen im Dorf ankündete.
Die Musikgesellschaft Walchwil ist seit 1929 Mitglied des Zugerischen Blasmusikverbandes. Als solches nimmt sie selbstverständlich am Zuger Blasmusikfestival teil, glänzt aber auch mit weiteren Auftritten ausserhalb der Gemeinde. Neben Konzerten in Nachbargemeinden waren sie an der Feier zur Wahl ihres Bundesrats dabei und hatten auch schon einen Fernsehauftritt bei «Diräkt us …». Zur Frage, warum man ein ungerades Jubiläum feiere, sagte Jürg Portmann: «Die 111 ist doch eine schöne Zahl», und er fügte dann etwas ernsthafter hinzu: «Wir wollen der Bevölkerung etwas von dem zurückgeben, was wir jahraus, jahrein bekommen.» Und die kam in grosser Zahl, schliesslich wurden neben den musikalischen auch kulinarische Leckerbissen angeboten: vom traditionellen Siedfleischsalat und Schwartenmagen bis zum trendigen Rindssteak mit Pommes frites.
 

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